Die Behandlung sollte möglichst an einem ruhigen und für das Pferd vertrauten Ort stattfinden. Bitte arbeiten Sie das Pferd an weiterlesen...
Autor: admin
Einblicke ins Pferd: Conchae nasales
Wenn ihr jetzt denkt „nasales… klingt irgendwie nach Nase…“, dann liegt ihr damit schon ganz richtig!
Bei den Nasenmuscheln (Conchae nasales) handelt es sich um sehr dünne eingerollte Knochenlamellen, die von Schleimhaut bedeckt sind. Und wie der Name schon sagt, liegen sie in der Nasenhöhle.
Das Ganze sieht ziemlich faszinierend aus, wenn man es mal von innen sehen kann:
Durch den gerollten Aufbau wird eine sehr große Schleimhaut-Oberfläche geschaffen. Wenn die Luft durchströmt, wird sie erwärmt und durch Drüsen in der Schleimhaut befeuchtet. Außerdem wird die Atemluft gefiltert und kleine Partikel durch die Cilien (Flimmerhaare) wieder nach draußen befördert. Die Nasenmuscheln spielen also eine wichtige Rolle bei der Atmung.
Im folgenden Bild sehen wir die Lage der Conchae nasales im Schädel sowie die Wege von Luft (grün) und Nahrung (rot):
Mehr Einblicke ins Pferd
An dieser Stelle möchte ich mit euch einige Ausflüge in die Anatomie des Pferdes machen!
Die Idee entstand im ersten Corona-Lockdown im März/April 2020. Da die meisten Termine ohnehin abgesagt werden mussten, habe ich die Zeit genutzt, meine Fortbildungen und Seminare des letzten Jahres Revue passieren zu lassen und jeden Freitag einen Aspekt der Pferdeanatomie etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Nun arbeite ich schon lange wieder in den Ställen, möchte die Anatomieausflüge aber fortsetzen, jetzt im monatlichen Rhythmus.
Grundlage sind vor allem die von der veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig zur Verfügung gestellten Fotos der Präparationsseminare. Die Bilder der Präparation sind sicherlich nicht für jede*n etwas. Entscheidet selbst, ob ihr sie euch anschauen möchtet.
Und nun wünsche ich viel Spaß!
Einblicke ins Pferd: Die Ohrspeicheldrüse
Nun ist der letzte Einblick ins Pferd ungeplant lange her… vor der ohnehin geplanten Sommerpause im Juli und August hat mir die Gesundheit noch einen Strich durch Rechnug gemacht und ich war im Juni zwei Wochen krank. Als wieder alles in der Reihe war, ging es auch gleich los in den Urlaub. Deswegen jetzt nochmal ein kleiner Anatomie-Gruß zwischendurch, bevor sich die Einblicke ins Pferd ganz offiziell bis Ende August in die Sommerpause verabschieden! 😉
Heute habe ich euch das Bild einer Ohrspeicheldrüse mitgebracht, der Glandula parotis.
Wie der Name schon sagt, wird hier Speichel produziert, bis zu 15l pro Tag. Die Ohrspeicheldrüse liegt oberflächlich in der Ganasche, also in dem Raum zwischen Unterkieferast und dem ersten Halswirbel. Durch den Ausführungsgang wird der Speichel in die Maulhöhle geleitet.
Die Ohrspeicheldrüse ist aber nicht die einzige Speicheldrüse. Es gibt beispielsweise noch eine Untekieferdrüse, eine Unterzungendrüse, Backendrüsen sowie weitere kleine Speicheldrüsen im gesamten Maulhöhlenbereich. Bei einem mittelgrpßen Pferd prodizieren sie zusammen ca. 40l Speichel pro Tag.
In der Praxis begegnet sie uns vor allem dann, wenn sie geschwollen ist. Vermutlich haben die meisten von euch das schon einmal gesehen.
Die Ursache für dieses Phänomen kann darin liegen, dass mehr Speichel produziert als abgeschluckt wird. Dies kann beispielsweise bei andauerndem knabbern an sehr kurzem Gras entstehen. Durch die Kaubewegung wird permanent Speichel produziert, der aber wegen der sehr geringen Menge an Futter nicht in entsprechendem Maße mit der Nahrung abgeschluckt wird.
In jedem Fall muss beim Reiten auf eine Schwellung der Ohrspeicheldrüse Rücksicht genommen werden. Durch die Schwellung veringert sich die Ganaschenfreiheit und der Bereich darf nicht zusätzlich gequetscht werden durch eine zu enge Zügelführung.
Im September geht es weiter mit den Einblicken ins Pferd! Bis dahin wünsche ich euch und euren Pferden einen schönen August!
Einblicke ins Pferd: Kiefergelenk, Zungenbein und Gesichtsmuskulatur in action!
Dieser Beitrag fällt etwas aus der Reihe. Ich möchte euch heute mal einige Bilder vom lebendigen Pferd zeigen. Während ich den letzten Beitrag zum Zungenbein, der Zunge und der Muskulatur verfasst habe, erinnerte ich mich an eine Fotoserie, die während einer Behandlung vor einiger Zeit entstanden ist. Sie zeigt sehr schön die bisher besprochenen Strukturen „in action“, also los geht’s!
Entstanden sind diese Bilder während eines ausgedehnten „Gähnanfalls“ nach dem Lösen einer Blockierung der Halswirbelsäule.
Gut ist auf den Bildern auch die deutliche seitliche Verschiebung des Unterkiefers zu erkennen.
Gähnen kann beim Pferd sehr unterschiedliche – und auch teils widersprüchliche – Gründe haben. Es kann ein Zeichen von Entspannung sein, aber auch auf Stress oder Schmerzen hinweisen. Entscheidend ist vor allem, das gesamte Pferd in der Situation im Blick zu haben. In den Behandlungen erlebe ich es häufig, nachdem eine Blockierung gelöst wurde und Spannung im Gewebe nachlässt. Aber auch hier muss man genau hinschauen. Einige Pferde zeigen auch Stress durch die Behandlung verspannter und damit schmerzhafter Regionen durch angespanntes Kauen und Gähnen.
Eine ganz gute Übersicht über die verschiedenen wissenschaftlichen Erklärungsansätze findet ihr hier.
Diesen Camargue-Wallach habe ich über mehrere Jahre begleitet, leider lebt er inzwischen nicht mehr. Er liebte die Behandlungen und hat sie immer genossen. Wenn ich mit seinem Paddockkumpel beschäftigt war, stand er jedes Mal schon richtiggehend Schlange. Gleichzeitig hat er sehr deutlich „mit mir gesprochen“ und gezeigt, wo etwas weh tut, was angenehm und was unangenehm ist. So waren seine Reaktionen in der Regel gut einzuschätzen.
Und, müsst ihr auch die ganze Zeit mitgähnen, wenn ihr euch diese Bilder anguckt? Bei mir ist das zumindst so! 😉
Nächste Woche tauchen wir dann wieder in die Anatomie ein und schauen uns das Pferd von innen an. Ein schönes Wochenende wünsche ich euch!
Einblicke ins Pferd: Das Zungenbein
Heute beschäftigen wir uns mit einer Struktur, die von außen gar nicht zu erkennen ist und darüber hinaus recht komplex aufgebaut ist. Umso interessanter also, sich das einmal aus der Nähe anzuschauen: Das Zungenbein. Es dient der Befestigung und Verbindung von Zunge und Kehlkopf und ist am Schläfenbein des Schädels verankert.
Zuerst einmal ein Überblick, damit ihr euch vorstellen könnt, wo das Zungenbein liegt:
Einzeln sieht das Ganze so aus:
Das eigentliche Zungenbein liegt zwischen Zunge und Kehlkopf, und wird aus dem Zungenbeinkörper (Basihyoideum) mit dem Zungenfortsatz (Processus lingualis), dem Thyreohyoideum und dem Ceratohyoideum gebildet. Die Zungenbeinäste (Epihyoideum, Stylohyoideum, Tympanohyoideum) dienen der Aufhängung des Zungenbeins.
Hier sehen wir den mittleren Zungenbeinast (Stylohyoideum) eingebettet in das umgebende Gewebe:
Die Verbindung des oberen Zungenbeinastes mit dem Schädel, das Schläfenbein-Zungenbeingelenk (Articulatio temporohyoidea) sehen wir auf dem folgenden Bild noch einmal aus der Nähe:
Das Thyreohyoideum stellt die bewegliche Verbindung zum Kehlkopf her, während das Ceratohyoideum die Verbindung zur Aufhängung des Zungenbeins bildet. Die Verbindung mit der Zunge besteht durch den Zungenfortsatz, der in der Zunge liegt. So einen knöchernen Zungenfortsatz haben wir übrigens nicht.
Die Zunge (Lingua) selbst besteht hauptsächlich aus Muskulatur und ist von der Zungenschleimhaut bedeckt, die teilweise stark verhornt ist. Die Pferdezunge ist sehr lang und füllt den Bereich der Maulhöhle zwischen den Zähnen komplett aus (s. Bild). Wir sehen davon in der Regel nur die sehr bewegliche Zungenspitze.
Im folgenden Bild kann man die Größe und Dicke der Zunge (Lingua) einmal im Längschnitt sehen:
Bewegt wird das Zungenbein maßgeblich von den langen Zungenbeinmuskeln. Sie laufen unterhalb und seitlich der Luftröhre von der Brustbeinspitze bzw. aus dem Schulterblattbereich zum Zungenbein und ziehen das Zungenbein und den Kehlkopf während des Schluckens nach hinten.
Zum Abschluss noch ein Bild, dass anschaulich zeigt, wie das Zungenbein zwischen den Unterkieferästen liegt:
Einblicke ins Pferd: Kaumuskulatur
Heute schauen wir uns einen weiteren Baustein des Kauvorgangs an: die Kaumuskulatur.
Muskeln arbeiten nie einzeln, sie stehen über Faszien und Muskelketten immer in Verbindung miteinander. Bewegung entsteht durch das Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen. Dennoch kann es für das Verständnis interessant sein, sich einzelne Muskeln und ihre Lage und Funktionsweise einmal genauer anzuschauen. Und genau das tun wir jetzt am Beispiel der Kaumusklulatur.
Alle Kaumuskeln entspringen am Oberkiefer und setzen am Unterkiefer an, um die Kiefer gegeneinander zu bewegen – also vor allem um zu kauen.
Der stärkste Kaumuskel ist der großflächige Äußere Kaumuskel (Musculus masseter). Er verläuft außen am Pferdekopf von der Jochbeinleiste unterhalb des Auges zum hinteren/unteren Rand des Unterkiefers, wie hier auf dem Bild zu sehen:
Auf dem unteren Bild kann man gut erkennen, dass der Äußere Kaumuskel aus vielen Schichten besteht, die durch Sehnenplatten voneinader getrennt sind und verschiedene Faserverläufe aufweisen.
Wenn der Musculus masseter angespannt wird, werden die Kiefer zusammen gedrückt. Wenn also beide Seiten gleichzeitig arbeiten, wird das Maul geschlossen und die Kiefer werden aufeinander gepresst. Wenn nur eine Seite anspannt, trägt das zur seitlichen Mahlbewegung bei.
Kommen wir zum Schläfenmuskel. Der Musculus temporalis entspringt in der Schläfengrube (oberhalb des Auges) und setzt am Processus coronoideus des Unterkiefers an. Hier noch einmal zur Erinnerung die knöchernen Strukturen:
Der Schläfenmuskel füllt also teilweise die Schläfengrube aus und liegt oberflächlich im Bereich der Schläfengrube und vor den Ohren. Dementsprechend lässt er sich gut ertasten.
Hier kann man auch das Fettgewebe erkennen, über das wir in einer der ersten Folgen bereits gesprochen haben. Bei alten oder sehr abgemagerten Pferden baut es sich meist ab, so dass die Schläfengrube deutlich zu sehen ist.
Die Schläfenmuskeln ziehen ebenfalls den Unterkiefer an den Oberkiefer und unterstützen damit die Äußeren Kaumuskeln beim Schließen des Mauls.
Nun zu den inneren Kaumuskeln (Musculi pterygoidei). Sie liegen, wie der Name schon sagt, auf der Innenseite des Unterkiefers. Am besten lässt sich das auf dem Querschnitt erkennen.
Hier sehen wir einen Querschnitt (Transversalschnitt) durch den Kopf des Pferdes. Gut kann man die Unterkieferäste erkennen (Ramus mandibulae), die hier in voller Länge jeweils bis zum Processus coronoideus zu sehen sind und in die Schläfengrube des Oberkiefers hineinreichen (s.o.).
Außen liegen die Äußeren Kaumuskeln (M. masseter) und innen entsprechend die inneren Kaumuskeln (hier nicht markiert, aber ihr könnt es euch sicherlich vorstellen).
Bei der seitlichen Mahlbewegung findet in den Kiefergelenken eine Rotation statt. Um diese Bewegung zu erzeugen, arbeitet der Äußere Kaumuskel der einen Seite mit den inneren Kaumuskeln der anderen Seite zusammen.
Zum Abschluss noch ein weiterer Querschnitt durch den Pferdekopf, auf dem zusätzlich auch nochmal die Schläfenmuskeln (M. temporalis) zu sehen sind:
Das Öffnen des Mauls wird von verschiedenen Muskeln unterstützt, die vom hinteren Teil der Schädelbasis bzw. vom Hals her am hinteren/unteren Rand des Unterkiefers ansetzen. Aufgrund der Schwerkraft wird hier allerdings weit weniger Muskelkraft benötigt als für die Mahlbewegungen des Unterkiefers.
Einblicke ins Pferd: Kiefergelenk
Nachdem wir uns bereits die Zähne und den Kauvorgang angeschaut haben, wollen wir nun einen Blick auf das Gelenk werfen, in dem die Bewegung der Kiefer gegeneinander stattfindet: Das Kiefergelenk (Articulatio temporomandibularis). Ein sehr spannendes Gelenk mit weitreichenden Bewegungsmöglichkeiten.
Das Kiefergelenk befindet sich etwas hinter bzw. oberhalb des Auges und bildet die bewegliche Verbindung zwischen Ober- und Unterkiefer.
Hier kann man gut die knöchernen Bestandteile des Kiefergelenks erkennen:
Aufgrund seiner Form wird das Kiefergelenk als Walzengelenk bezeichnet. Die Gelenkwalze wird dabei von dem Gelenkfortsatz des Unterkiefers gebildet und ist auf dem folgenden Bild gut zu erkennen:
Der Kauvorgang stellt hohe Anforderungen an die Beweglichkeit des Kiefergelenks. Das Maul muss geöffnet und geschlossen werden, es müssen seitliche und rotierende Bewegungen möglich sein und darüber hinaus auch eine Verschiebung des Unterkiefers vor und zurück. Denn wenn das Pferd den Kopf senkt, schiebt sich der Unterkiefer etwas nach vorne und beim Heben des Kopfes wieder zurück. Die Zähne stehen entsprechend bei gesenktem Kopf in der optimalen Position zueinander. Dies ist auch für die Fütterung relevant. Eine zu hohe Fressposition – bspw. durch hoch aufgehängte Heunetze – beeinträchtigt die physiologische Funktion von Gebiss und Kiefergelenk, was hier wiederum zu Problemen führt.
Wie kann das Kiefergelenk aber diese umfassende Beweglichkeit leisten? Zum einen passen die Gelenkflächen nicht genau zusammen, was einen größeren Bewegungsradius erlaubt. Zudem wird das Gelenk durch eine faserknorpelige Zwischenscheibe (Discus articularis) in zwei Kammern teilt, die jeweils unterschiedliche Bewegungen zulassen.
Im folgenden Querschnitt sehen wir den Discus articularis zwischen den Gelenkflächen:
Transversalschnitt durch den Kopf auf Höhe der Kiefergelenke
Nächste Woche bleiben wir noch einmal beim Kauvorgang und schauen uns die Kaumuskulatur etwas genauer an.
Einblicke ins Pferd: Zahnwechsel und Zahnaltersschätzung
Im Anschluss an den Überblick letzte Woche wollen wir heute einen Blick auf den Zahnwechsel und die Zahnaltersschätzung werfen.
Ich habe es im letzten Beitrag schon verraten und diejenigen von euch, die mit jungen Pferden zu tun haben, wissen es ohnehin: Auch Pferde haben Milchzähne. Allerdings gibt es nicht von allen Zähnen Milchzahnvorläufer. Es gibt sie von allen Schneidezähen und von den vorderen Backenzähne (Prämolaren). Die hinteren Backenzähne (Molaren) erscheinen direkt als bleibende Zähne.
Während der bleibende Zahn heranwächst, wird die Wurzel des Milchzahns nach und nach zurückgebildet, bis sich am Ende die übrig gebliebene Krone vom Zahnfleisch löst. Die sehen dann in etwa so aus:
Die einzelnen (Milch-) Zähne erscheinen mit erheblichen zeitlichen Abständen in der Maulhöhle. Die ersten Schneidezähne ganz in der Mitte erscheinen bei einem Warmblut nach etwa 5 bis 8 Tagen, die nächsten mit ca. 5 bis 8 Wochen und die äußeren Schneidezähne mit ca. 5 bis 9 Monaten. Dabei gibt es allerdings auch große rassebedingte Unterschiede. Beim Englischen Vollblut beispielsweise kommen die ersten Schneidezähne erst deutlich später.
Auch der Zahnwechsel hin zu den bleibenden Zähnen erfolgt nach und nach. So kann bereits der Blick darauf, welche Zähne bereits vorhanden sind und ob es sich dabei um die bleibenden oder die Michzahnvorläufer handelt, Hinweise auf das Alter des Pferdes geben. Ein weiterer Hinweis ist die Abnutzung der Kauflächen. Zu erkennen ist das an der Zahnoberfläche, die sich im Laufe der Zeit durch den Abrieb verändert. Darüber hinaus verändern sich die Schneidezähne sowohl in ihrer Form als auch in ihrer Stellung zueinander. Mit zunehmendem Alter stehen sie flacher.
Dies sind nur ein paar Hinweise, worauf bei der Zahnaltersschätzung geschaut werden kann, sie alle im Detail aufzuzählen und die Zeiten der jeweiligen Zahnwechsel aufzulisten, würde hier den Rahmen sprengen. Wichtig dabei ist zu beachten, dass es sich lediglich um Schätzungen handelt! Es gibt große Unterschiede in der Entwicklung und mit zunehmendem Alter auch erhebliche Unterschiede durch Haltung und Fütterung.
Aus Leipzig habe ich euch noch ein Beispiel für eine Zahnaltersschätzung mitgebracht:
Geschätzt wird das Alter auf ca. 1 Jahr.
Einblicke ins Pferd: Zähne, Zähne, Zähne
Wie versprochen, soll es heute um die Zähne und das Gebiss gehen.
Haben Pferde genauso viele Zähne wie wir? Wachsen sie ein Leben lang nach? Haben Pferde ebenfalls Milchzähne?
Fangen wir mal mit den Zahlen an: Das Pferd hat regelmäßig im Ober- und Unterkiefer 6 Schneidezähne (Incisivi), 6 vordere Backenzähne (Prämolaren) und 6 hintere Backenzähne (Molaren), also jeweils drei auf jeder Seite.
Die Backenzähne sind durch ihre Stellung eng zusammengepresst und bilden eine einheitliche Kauleiste. Teilweise ist ein vierter vorderer Backenzahn ausgebildet, der den anderen vorgelagert ist und als Wolfszahn bekannt ist – häufiger im Oberkiefer und häufiger bei Hengsten/Wallachen. Bei dem kleinen Zahn handelt es sich um eine Restzahnanlage. Dazu kommen ggf. 2 Hakenzähne (Canini). Die sind allerdings nur bei Hengsten/Wallachen regelmäßig entwickelt, bei Stuten brechen sie nur sehr selten durch, weshalb sie auch auch als Hengstzähne bezeichnet werden.
Der Raum zwischen den Schneidezähnen und den Backenzähnen wird als Lade bzw. Diastema bezeichnet. Wenn Hakenzähne ausgebidet sind, liegen sie im Diastema. Dabei sind die Hakenzähne im Unterkiefer weiter vorne als im Oberkiefer (s. Bild).
Die Schneidezähne dienen dem Aufnehmen und Abbeißen von Futter und die Backenzähen der Zerkleinerung der Nahrung. Die Zähne bestehen aus unterschiedlich harten Substanzen mit unterschiedlichem Abrieb. So entstehen sog. Schmelzfalten, die eine stets raue Zahnoberfläche bieten, um bei der Kaubewegung möglichst effektiv Futter zu zermahlen.
Dieses Bild zeigt, wie die Zähne im Kiefer liegen. Die durch das Zahnfleisch durchgebrochene Krone sehen wir als Zahn im Pferdemaul. Darunter befindet sich die noch nicht durchgebrochene Krone, auch als Reservekrone bezeichnet. Pferdezähne wachsen einen Teil des Lebens nach, danach wird die Reservekrone aus dem Zahnfach geschoben, um den Abrieb auszugleichen. Das bedeutet, dass Pferdezähne in hohem Alter „aufgebraucht“ sein können, weil die Reservekrone bereits vollständig rausgeschoben und abgenutzt wurde.
Hier sehen wir Backenzähne in unterschiedlichen Entwicklungsstadien:
Je größer die Wurzel im Verhältnis zur Zahnkrone ist, umso älter ist der Zahn.
Im Vergleich die nur rudimentär ausgebildeten Wolfzähne:
In diesem Querschnitt kann man noch einmal gut erkennen, dass der Oberkiefer breiter ist als der Unterkiefer und dass auch die Zähne des Oberkiefers breiter sind als die des Unterkiefers. Außerdem kann man hier sehen, dass die Zahnflächen in einem schrägen Winkel aufeinander treffen. Das hängt mit der Mahlbewegung beim Kauen zusammen.
Die Kaubewegung läuft folgendermaßen ab: Der Unterkiefer öffnet sich nach unten zu einer Seite hin, schließt sich dann bis die Ober- und Unterkieferzähne dieser Seite Kontakt haben und bewegt sich wieder nach oben/innen, dabei findet mit starkem Druck das Mahlen des Futters statt. Das Pferd kaut also immer nur auf einer Seite, nicht auf beiden Seiten gleichzeitig. Die Seite wird regelmäßig gewechselt, wobei die Pferde in der Regel eine individuelle Lieblingskauseite haben. Oft kann man das an der einseitig stärker ausgeprägten Kaumuskulatur erkennen. Aber später mehr zur Kaumuskulatur.
Wie der Mensch hat auch das Pferd Milchzähne, die in den ersten Lebenstagen bis -monaten durch das Zahnfleisch durchbrechen. Später werden sie durch die bleibenden Zähne ersetzt. Wir werden nächste Woche einen genaueren Blick auf den Zahnwechsel werfen.
Einblicke ins Pferd: Der Schädel
Bleiben wir doch vorerst beim Kopf des Pferdes und schauen ihn uns mal etwas genauer an.
Der Schädel ist aus vielen platten Knochen zusammengesetzt, beispielsweise dem Nasenbein, dem Stirnbein, dem Schläfenbein, dem Hinterhauptsbein und einigen mehr. Diese sind durch Nähte miteinander verbunden, die nach und nach verknöchern. Teilweise kann man sie auf dem oben aufgenommenen Schädel noch gut erkennen. Über das Kiefergelenk ist der Unterkiefer (Mandibula) beweglich mit dem Schädel verbunden. Dieses überaus interessante Gelenk schauen wir uns später noch einmal genauer an.
Die auf dem Foto markierten Foramen sind Nervenaustrittslöcher, dort laufen also Nervenbahnen zur Schädelaußenseite. Auch davon werden wir uns einige später nochmal genauer anschauen.
Interessant zu sehen ist hier auch, wie dünn die Spitze des Nasenbeins tatsächlich ist.
Und so sieht das Ganze von hinten aus:
Hier kann man sehr gut die beiden Unterkieferäste in ihrer Form und Dicke sehen. Außerdem schauen wir auf die Gelenkflächen des Hinterhauptsbeins (Condylus occipitalis), die zusammen mit dem ersten Halswirbel (Atlas) das erste Kopfgelenk bilden. Dazu aber auch später mehr. Außerdem sehen wir hier auf dem Bild noch das Foramen magnum, das die Schädelhöhle, in der das Gehirn liegt, mit dem Wirbelkanal verbindet, in dem das Rückenmark verläuft.
Ist euch auf den letzten Bildern etwas aufgefallen? Hier sieht man es nochmal sehr deutlich:
Links sehen wir den Schädel mit dem Oberkiefer und rechts den Unterkiefer. Hier zeigt sich auch nochmal schön die Form des Unterkiefers mit seinen beiden Hälften.
Und es ist nicht mehr zu übersehen: Der Oberkiefer ist deutlich breiter als der Unterkiefer, auch die Zähne des Oberkiefers selbst sind breiter als die des Unterkiefers. Dies weist eindeutig auf eine seitliche Mahlbewegung hin. Ohne eine solche könnte kein gleichmäßiger Abrieb der Zähne stattfinden.
Zum Schluss werfen wir noch einmal einen Blick auf die Schläfengrube, die hinter bzw. oberhalb der Augenhöhle (Orbita) liegt. In die Fossa temporalis ragt ein Fortsatz des Unterkiefers (Processus coronoideus) hinein, der einen Ansatzpunkt für die Kaumuskulatur bildet. Bei alten oder abgemagerten Pferden kann man die Schläfengrube meist sehr deutlich sehen, weil sich das Fettgewebe in diesem Bereich abgebaut hat.
Anders als beim Menschen ist die Schläfengrube beim Pferd übrigens nicht knöchern von der Augenhöhle getrennt.
Das war’s für heute zum Pferdeschädel. Nächsten Freitag werfen wir einen genaueren Blick auf das Gebiss und die Zähne!